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  • Die Anfänge der Fliegerei

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Avion III – Aders Flugapparat mit zwei Dampfmaschinen

Nach den Versuchen mit der Avion II im Jahr 1892 baute Clément Ader seine dritte Flugmaschine mit zwei Dampfmaschinen für den Antrieb der beiden Propeller. 

Obwohl die Avion II nicht wirklich geflogen ist, begann Ader mit dem Bau der Avion III. Auch bei diesem Modell behielt Ader die Grundkonstruktionsmerkmale bei. Gegenüber dem Vorgängermuster waren also keine grundlegenden Verbesserungen in Bezug auf die Flugeigenschaften bzw. Flugstabilität durchgeführt worden. Das sollte sich bei der späteren Erprobung rächen.

Avion III - Technische Details

1894 wurde mit dem Bau des   „Avion III“ begonnen. Im Laufe des Jahres 1897 wurde dieses Fluggerät in den Aderschen Werkstätten fertig gestellt. Die Flügel besaßen immer noch die typische Fledermaus-Form der „Éole“. Das   Fluggerät besaß eine Spannweite von 15 Metern und die gesamte Flügelfläche betrug  38 qm². Das Leergewicht der Maschine betrug 246 kg. Das Startgewicht lag bei 360 kg.

Die beiden gegenläufigen Propeller wurden von zwei Dampfmaschinen angetrieben, welche durch Alkoholverbrennung den notwendigen Dampfdruck von 10 Atmosphären im Kessel erzeugten. Dieser Druck wurde dann auf zwei horizontal arbeitende Zylinder geleitet, die dann wiederum die beiden längs angeordneten Kurbelwellen in Bewegung setzten.

Die beiden Dampfmaschinen arbeiteten im vorderen Teil des Rumpfes und leisteten je 20 PS bei 600 Umdrehungen pro Minute. Das Eigengewicht je Dampfmaschine betrug nur 21 kg.

Jede Dampfmaschine stellte einen Mischantrieb dar, der jeweils aus zwei horizontalen Hochdruck- und zwei Niederdruck-Zylindern bestand. Das längs gelagerte Kurbelgestänge brachte direkt die Kraft auf je eine der Antriebwellen der Vier-Blatt-Propeller, die einen Durchmesser von rund drei Metern besaßen.

Für den Flugzeugführer blieb nur ein kleiner Platz hinter den Antriebsmaschinen. Von dort aus hatte er so gut wie keine Sicht nach vorn. Wollte er sich seitwärts Orientierung nach vorn verschaffen hätte er sich immer weit hinauslehnen müssen um etwas sehen zu können, etwa so wie auf den großen Dampflokomotiven des 20. Jahrhunderts.

Auf dem kurzen Rumpf war ein überdimensionaler Kondensator angebracht. Das Seitenruder war ähnlich konzipiert wie bei den Vorgängern, wird aber jetzt durch zwei Fußpedale links und rechts der Führerposition bedient. Zusätzlich sollte die Längsstabilität durch Verstellen der Tragflügel gewährleistet werden. Das dreirädrige Fahrwerk wurde ebenfalls vom Vorgängermodell übernommen.

Ursachen für den missglückten Versuch 

Am 12. und am 14. Oktober 1897 wurde der „Avion III“ wieder bei Satory einer Kommission des Kriegministeriums vorgeführt. Nach dem der Apparat nach dem Start abhob kippte der Flieger leicht zur Seite, hatte Bodenberührung und schlug auf. (ähnlich wie bei dem Versuch mit dem Flugapparat von Alexander Moshaiski. 

Mit Sicherheit waren auch in diesem Fall mehrere Faktoren ausschlaggebend für den Unfall. In erster Linie wäre die Unerfahrenheit Ader’s im Führen eines Flugapparates zu nennen, gefolgt von dem Nichtvorhandensein wichtiger Steuerelemente und den widrigen Wetterbedingungen, die am 14. Oktober herrschten.  

Wie hoch und wie weit Ader mit seinem Fluggerät sprang, hüpfte oder schwebte ist nicht bestätigt. Einige Mitglieder der Kommission des Kriegsministeriums behaupteten später, dass der Apparat ca. 300 m weit geflogen sein soll.  

Auf eine Besonderheit sollte noch hingewiesen werden. Die beiden Propeller waren links bzw. rechts des Rumpfes angebracht und drehten sich gegeneinander. Beide Propellerkreise überlappten sich aber und das nicht unerheblich. Eine Propellerwelle wurde nach vorn bzw. die andere ein Stück zurückgesetzt, damit die Propellerblätter nicht gegeneinanderschlugen. Eine doch eigenwillige Idee, die wohl den Ursprung ihrer Notwendigkeit in der Gesamtkonstruktion Flügel/Rumpf hatte.

Eine Beeinflussung des „hinteren“ durch den „vorderen“ Propeller in Bezug auf die Zugkraft kann auch nicht ausgeschlossen werden, zumindest konnten beide Propeller mit Sicherheit nicht optimal arbeiten.

Mehr…

Kein Fortschritt in der Entwicklung der Flugtechnik

Zusammenfassend muss gesagt werden, dass das Fluggerät vom Grunde her in seiner Konstruktion extrem unstabil gewesen sein musste. Die Fledermaus als Vorlage für einen Tragflügel zu nehmen, war vielleicht nicht gerade ein glücklicher Griff. Aders Zeitgenossen waren mit ihren Erkenntnissen bedeutend weiter vorangeschritten und das hätte Ader berücksichtigen müssen.

Auch wenn er fast eineinhalb Jahrzehnte lang seine Forschungen und seine Versuche durchführte und dabei eine große Menge Geld investierte, ist am Ende nur wenig herausgekommen. Andere Luftfahrtpioniere haben mit geringerem Einsatz mehr Ergebnisse erzielen können.

Wären seine Ergebnisse zum Nonplusultra erklärt worden, dann hätte das die Entwicklung des mechanischen Fluges um Jahrzehnte zurückgeworfen. Aders Entwicklung war ein Rückschritt im Vergleich zu den bereits bekannten Erkenntnissen anderer Flugpioniere. Die Franzosen Victor Tatin und Alphonse Pénaud waren schon weiter als er, natürlich aus heutiger Sicht betrachtet.

Auch wenn man ihn heute als „Vater der französischen Luftfahrt“ bezeichnet, hatte ihn doch nur seine eigenwillige Konstruktion in die lange Liste der verdienstvollen Flugpioniere gebracht. Seine Konstruktion mag einmalig, vielleicht sogar genial gewesen sein, aber so viel Geld mit der Entwicklung dieses Apparates zu verschleudern war nicht gerade genial.

 

Clément Ader war ein bemerkenswerter Erfinder und besaß zu dieser Zeit immerhin 48 Patente, die leider in Vergessenheit geraten sind.

Das Fluggerät  „Avion III“ wurde auf dem ersten Pariser Aero Salon   im Jahr 1908 ausgestellt.

Clément Ader hat nie behauptet, dass er geflogen ist und hat nie in eigenen Äußerungen seine hoch gerühmten Heldentaten und Verdienste, welche ihm oft von außen zugewiesen wurden, für sich in Anspruch genommen. Er ist der Vater der ersten Flugversuche in Frankreich, unbestreitbar, aber der erste Flieger war nun mal Alberto Santos-Dumont im Oktober 1906. 

 

Quellen:

 

Octave Chanute, Progress in Flying Machines, Aircraft, Part XIV, August 1893

Gerhard Wissmann, Die Geschichte der Luftfahrt von Ikarus bis zur Gegenwart, 4.ber. Auflage, Verlag Technik, Berlin 1975 

FLIGHT, Ausgabe vom 2. Januar 1909

www.eb.com

 

 


Weniger…
Clement Ader  Ende der 1880er Jahre
Avion III auf dem 1. Pariser Aerosalon 1908
Blick in die Adersche Werkstatt mit der » Avion III«
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