Kurz bevor William Henson England verlassen hatte baute sein Partner John Stringfellow (1799 - 1883) in den Jahren 1846 bis 1848 ein kleineres Modell und unternahm damit Flugversuche in geschlossenen Räumen. Es sollte später in die Luftfahrtgeschichte als erster Flug eines von einem Motor angetriebenen Modells eingehen.
Ein großes Flugmodell mit einer kleinen Dampfmaschine
Dieses Flugmodell hatte eine Spannweite von 3,50 m, die größte Tiefe einer jeden Tragfläche betrug 60 cm und die größte Länge der Heckfläche maß 1,05 m bei einer Spannweite von 56 cm. Daraus ergab sich eine Gesamtflügelfläche von 1,30 qm.
Als Antrieb wurde ein Einzylinder-Motor verwendet, der über ein Kegelrad-Getriebe bei jedem Kolbenhub jeweils den Schwung von drei Umdrehungen auf jeden der zwei Propeller gab, die sich rechts und links, etwas eingelassen in den Hinterkanten der Flügelflächen, befanden. Jeder der beiden vierblättrigen Propeller hatte einen Durchmesser von 40,6 cm. Das gesamte Modell wog inklusive Dampfmotor nur 3,63 kg.
Die Experimente mit diesem Modell waren alle sehr viel versprechend, denn Stringfellow‘s Model hatte gewölbte Flügel, die an den äußeren Enden spitz zuliefen. Er gestaltete die Vorderkanten der Flügel fest und die Hinterkanten beweglich. Des Weiteren war der Schwanzteil verstellbar, ähnlich wie es Cayley bei einer Vielzahl seiner Flugmodelle schon vorgesehen hatte.
Erster Flug eines dampfbetriebenen Modellflugapparates
Frederic John Stringfellow, der Sohn des Erbauers und Zeuge der Experimente, veröffentlichte in einer kleinen Schrift, wahrscheinlich erst 1892, einen Bericht über die Flugversuche 1848. Er schreibt, dass sein Vater ein weiteres kleines Model gebaut hat, welches Anfang 1848 fertig gestellt war. Es wurde eine leerstehende Halle eines stillgelegten Fabrikgeländes angemietet, um dort die Versuche durchführen zu können.
Die Halle war ungefähr 20 m lang und ungefähr 3 bis 4 m hoch. Anfang Juni des gleichen Jahres konnten die Versuche beginnen. Wie beim größeren Modell wurde auch hier eine Art schiefe Ebene mit stärkeren Drähten installiert, die ungefähr die Hälfte der Hallenlänge beanspruchte und zur Führung des Flugmodells während des Startvorganges dienlich war. Das Modell sollte vor Verlassen dieser Gleitbahn selbstständig abheben und weiterfliegen. Beim ersten Experiment war der eingestellte Winkel des verstellbaren Schwanzes zu hoch eingestellt. Das Flugmodell stieg zu steil nach oben, drehte sich fast senkrecht in die Luft, verlor an Fahrt und stürzte unmittelbar nach Verlassen der Gleitbahn mit dem Heck voran zu Boden. Dabei wurde die Heckflosse beschädigt, was aber innerhalb kurzer Zeit wieder repariert werden konnte.
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Beim nächsten Versuch wurde die Heckflosse in einem kleineren Winkel angestellt und an dem Punkt der schiefen Bahn, an der das Modell abheben sollte, tat es das wirklich und flog bis zum ende der Halle. Dort riss es ein großes Loch in die gespannte Leinwand, welche vor der Wand am Ende der Halle aufgespannt war um das Flugzeug abzufangen. In mehreren Versuchen bewies das Flugmodell gute Flugeigenschaften.
Stringfellow erbrachte den Beweis für den praktischen Einsatz
Mit der Zeit wuchs das Interesse an Stringfellows Experimenten. Mr. Marriat, dem späteren Herausgeber des San Francisco News Letter und Mr. Ellis, dem damaligen Pächter der Cremorne Gardens im Londoner Stadtteil Chelsea, wurden Zeugen der Flugversuche und waren begeistert.
Unter den Zeitungsleuten machte der Name Stringfellow schnell die Runde. So bat man ihn immer öfter sein Flugmodell vorzuführen. Jedes Mal glitt das Flugmodell die schräge Führung hinab und an genau der Stelle an der es abheben sollte tat es das auch. Einmal soll es fast 40 yards weit geflogen sein.
Damit wurde die Möglichkeit des praktischen Einsatzes einer Dampfmaschine für Flugapparate bewiesen. Für John Stringfellow gab es anscheinend nichts mehr auf diesem Gebiet, was ihm lohnenswert schien es zu erforschen.
Das Ende der Versuche
Er war ein Meister im Bau von leichten Dampfmaschinen und stellte trotz seiner Fähigkeiten und Erfolge für sich fest, dass ein noch besserer Motor für größere Flugzeuge derzeit nicht gebaut werden könne.
Die Weiterführung seiner Experimente schien für Ihn nicht mehr sinnvoll und so stellte er seine Versuche ein. Er hatte sein Ziel erreicht.
Wäre der Explosionsmotor bereits erfunden worden, hätte das ihn bestimmt zur Fortführung seiner Experimente veranlasst. Dieser neue Motor sollte sogar ein besseres Leistungsgewicht aufweisen als jene Motoren, die Stringfellow für seine Modelle verwendete.
Das erste Dreidecker-Flugmodell mit Dampfmotor
Sein Interesse am Motorflug erwachte neu erst 18 Jahre später. Es geschah bei der ersten Veranstaltung der neu gegründeten Aeronautical Society of Great Britain im Jahre 1866 durch den Vortrag On Aerial Locomotion des britischen Ingenieurs Francis Herbert Wenham.
Dieser Vortrag begeisterte den 67-jährigen Stringfellow so sehr, dass er unverzüglich mit der Wiederaufnahme seiner Experimente begann. Aus diesen Aktivitäten entstand der Entwurf eines Dreidecker-Flugmodells, so wie es Wenham in seinem Vertrag empfohlen hatte. Das Modell besaß als Antrieb eine Dampfmaschine, deren Leistung knapp 1 PS betragen und das gesamte Modell nur 18 kg wiegen sollte.
Bei der Luftfahrtausstellung im Crystal Palace
Beides, der Motor und das Flugmodell wurden 1868 bei der ersten großen Luftfahrtausstellung in London den Besuchern vorgestellt und vorgeführt.
Das Modell hatte eine Gesamtflügelfläche von 28 sq.ft. und wog inklusive Motor, Kessel und aller Flüssigkeiten weniger als 12 lbs.
Die Dampfmaschine trieb mit ihrer 1/3 PS-Leistung zwei 21 inch Propeller an, die sich mit 600 U/min drehten.
Ein freier Flug konnte aber während der Ausstellung wegen Feuergefahr nicht genehmigt werden. Zur Sicherheit wurde bei Vorführung des Flugmodells dasselbe mit einer speziellen Vorrichtung an einem Drahtseil unterhalb der Decke der Ausstellungshalle entlang geleitet.
Obwohl dem Model eine Flugrichtung vorgeschrieben wurde bemerkte man doch einen intensiven, spürbaren und sichtbaren Auftrieb.
100 Pfund für das beste Leistungsgewicht
Stringfellow erhielt für die Dampfmaschine einen Preis in Höhe von 100 Pfund Stirling. Sie wies das beste Verhältnis zwischen Leistung und Gewicht aller ausgestellten Maschinen auf.
John Stringfellow starb am 13. Dezember 1883 in London. Sein Platz in der Geschichte der Luftfahrt ist mindestens gleich zu setzen mit dem vom George Cayley und seine Arbeit war der Grundstein für alle weiteren Erfinder und Experimentatoren nach ihm. Er war einer der ersten Pioniere des Motorfluges vor den Brüdern Wright.
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