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  • Die Anfänge der Fliegerei

    Tauchen Sie ein in die spannende Geschichte der Luftfahrt und entdecken Sie die bahnbrechenden Innovationen, die die Welt des Fliegens geprägt haben.

William Henson und sein Projekt der Luftdampfkutsche

Die Dampfmaschine hatte sich bis 1842 soweit entwickelt, dass sie  als  ein effizient arbeitender Antrieb für ein Fluggerät verwendet werden konnte.

Die ehemals riesigen Dampfmonster, deren Verarbeitung und Konstruktion sich immer weiter verbesserten, wurden kleiner, leichter und hatten einen immer höheren Wirkungsgrad. Man kann sagen, dass die Dampfmaschine ab der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts wirtschaftlich wurde. 

Das Eisenbahnwesen entwickelte sich in England sehr schnell und so blieb also für die englischen Konstrukteure nur der logische Schluss, entsprechend der Cayleyschen Visionen, dieses Antriebsaggregat auch für den Transport durch die Luft durch den Einbau in Flugapparate zu nutzen. 

William Samuel Henson (1805-1885) befasste sich zur gleichen Zeit wie Cayley mit dem Bau von Flugapparaten.

Er kannte natürlich Cayleys   gesamte Arbeit und war durch diese besonders angeregt worden. Im Jahr 1842 entstand sein Projekt, das für den Lufttransport von Personen und Waren bestimmt war.

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Das erste Patent für ein Motorflugzeug

Henson stand mit dem Gelehrten Cayley in engem Briefkontakt und erhielt so zusätzlich zu seinen eigenen Ergebnissen wichtige Hinweise für seine Arbeit. Das Projekt wurde sofort zum Patent angemeldet und Henson erhielt es im März des darauf folgen folgenden Jahres mit dem Titel:  „Locomotive Apparatus for Air, Land and Water“. (Patent Nr.9478) zugesprochen.

Er erklärte wie Cayley die Grundprinzipien der Aerodynamik. In der Patentschrift, welche durch 15 Detailskizzen und Zeichnungen ergänzt wurde, begründet er den Flugvorgang theoretisch so: „Wenn ein leichter flacher Körper in einer  etwas schräg angestellten Lage weggeschleudert würde, so wird der selbige so lange in der Luft steigen bis die ihm mitgeteilte Kraft  verbraucht ist. Der so geworfenen Gegenstand wird dann sinken, … dass der … Gegenstand, wenn er in sich selbst eine ständige Antriebsquelle gleich der beim Wurf … mitgeteilt bekäme, so lange steigen würde, wie sich die Vorderkante seiner Flächen des Gegenstandes höher als die Hinterkante befindet.“ *) Ganz klar wurde hier von Henson das Drachenflugprinzip erklärt.

Der Urtyp des Flugzeuges

In den Skizzen zum Patent ist eine übersichtliche und funktionelle Aufteilung, welche durchaus bei heutigen Fluggeräten immer noch vorzufinden ist, wie Tragflächen, Leitwerk und Rumpfwerk etc. zu erkennen. Selbst die Benutzung eines Fahrwerks war Bestandteil seines Flugzeugprojektes. Zwei gegenläufige Druckschrauben, welche den Vortrieb zu gewährleisten hatten, sollten von einer Dampfmaschine angetrieben werden.

Ein Drachenflieger-Projekt mit schwerem Antrieb 

Man könnte Henson als typischen Vertreter jener Gruppe Experi-mentatoren nennen, die versuchten einen Drachenflieger mit einem schweren Antrieb auszustatten, in der Annahme, dass der Auftrieb der Flächen und der Motor dieses Gerät zum Fliegen bringen. Eine weitere Verfolgung der Prinzipien des Gleitfluges kam für Henson nicht in Betracht und das Beherrschen dieses Flugapparates in all seinen Fluglagen wurde für nicht wichtig erachtet. Heute wissen wir, dass die folgerichtige Entwicklung über Gleitflugmodelle über den daraus entwickelten Mann tragenden Gleitflieger zum Motorflieger hätte gehen müssen. Erst als die Brüder Lilienthal ihre ersten Gleitversuche machten, erkannte die Mehrzahl der Experimentatoren diesen richtigen Weg. 

Ein unstabiles Flugmodell mit zwei Luftschrauben

Henson war für den Bau eines maßstabgetreuen  Modells zuständig und sein Freund  John Stringfellow für die Entwicklung des Antriebes. Im Jahr 1845 war das Modell fertig und maß von Flügelspitze zu Flügelspitze ca. 6,10 m. Die Tiefe der Tragflügel betrug ca. einen Meter und die Gesamttragfläche inklusive der Heckflosse betrug 6,50 m². Das Gesamtgewicht betrug ca. 12,7 kg und der Motor sollte bei 300 U/Minute zwei vierblättrige Luftschrauben antreiben, die einen Durchmesser von rd. 90 cm hatten. Mehrere Versuche wurden an einer schiefen Ebene, auf der das Fluggerät auf Gleisen hinunter fahren und am Ende abheben sollte, durchgeführt. Sie waren aber erfolglos.

Henson und Stringfellow erkannten, dass die Maschine zu anfällig auf Windböen war und sie keine Flugstabilität besaß. Zudem wurde festgestellt, dass aufgrund der Leichtigkeit und des nicht ganz stabilen Aufbaus der Tragflächen, gravierende Mängel vorhanden waren. Nach Stringfellow’s eigener Einschätzung war der Motor das Beste an dem ganzen Gerät.

Die fortschrittlichen Merkmale

Die Bauweise der Tragflächen ist als erstes anzuführen, denn sie war wirklich zukunftweisend. Die Oberseite der Tragflächen war gewölbt. Zur Stabilisierung der Flächen war der Aufbau mit drei Flächenholmen versehen. Ober- und Unterseite der Flächen sollten bespannt sein und der Aufbau der Zelle sowie die Einbindung eines Antriebsaggregates waren   völlig neu für damalige Verhältnisse. Grundtenor Henson’s Arbeit war: „Leichtigkeit und Festigkeit“.

Hätte die Luftdampfkutsche fliegen können?

Das größte Manko seiner Arbeit war die Unterschätzung des Leistungsbedarfs seines Fluggerätes. Er legte, und das war ein weiterer Fehler, eine sehr niedrige Flächenbelastung zugrunde, die er aus dem Körperbau großer Vögel ableitete. Mit dem Ausgangswert von 2,5 kg/m² und einem angenommenen Gewicht von 1.360 kg sollte ein Flugzeug mit einer Tragflügelfläche von 418 m² entstehen, welches ein Leitwerk von zusätzlichen 139 m²   haben sollte. Mit diesen Werten ergaben sich eine Flächentiefe von 9 m und eine Spannweite von 45 m(!).Es entstand also ein riesiges Fluggerät, dessen Leistungsbedarf weitaus höher hätte festgelegt werden müssen als nur mit 30 PS.

Damit stand von Beginn an eigentlich schon fest, dass die Aerial Steam Carriage (Luftdampfkutsche) sich nicht in die Luft erheben würde.

Das Fluggerät besaß keinerlei Vorrichtungen zur Quersteuerung  und der zu geringe Abstand zwischen Tragfläche und Heckflosse ließ eine funktionierende Längs-Stabilität nicht zu. Weiterhin fehlte die positive V-Stellung der Tragflächen.

George Cayley beobachtete das Henson- Projekt  und äußerte sich dazu in einem Artikel im „ Mechanic`s Magazin“. Er führte unter anderem auch an, dass dieses Fluggerät mit seinen großen Tragflächen Spielball von Windböen sein und dabei demontiert werden würde. Einen Erfolg bescheinigte er diesem Flugapparat nicht. Anstatt einer so gewaltigen Flügelfläche empfahl er die Bauweise als Zwei- oder Dreideckers.

Die Gründung der Company

Ungeachtet der Kritik versuchte Henson mit Hilfe von John Stringfellow, Frederik Marriot und dem Rechtanwalt D.E.Columbine durch die Gründung der Lufttransportgesellschaft Aerial Steam Transit Company den Bau seines Flugzeuges durch einen Werbefeldzug zu finanzieren. Das dafür notwendige Kapital konnte aber nicht aufgebracht werden. Die Gesellschaft musste wieder aufgelöst werden.

Henson gab auf und verließ das Unternehmen. 1849 reiste er mit seiner Familie nach Amerika aus, wo er sich nie wieder mit dem Fliegen beschäftigte. Er starb 40 Jahre später 1888 in New Jersey.

Quellen:

E. Charles Vivian, A History of Aeronautics, 1920, Kapitel IV 

 

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Darstellung des Antriebes seiner Luftdampfkutsche
William Samuel Henson
Zeichnung eines damaligen Werbeplakats
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